Effektive Präventionsmaßnahmen sind nötig, um Menschenhandel und Zwangsprostitution zu verhindern. Maiti Nepal setzt in den Prevention Homes ein erfolgreiches Konzept um, bei dem es der Organisation vor allem darum geht, junge Mädchen aus abgelegenen Dörfern zu informieren.
„Menschenhandel ist eine Schande für die Menschheit. Danke, dass Sie unseren Kampf unterstützen!“
Anuradha Koirala, Gründerin von Maiti Nepal
Früh am Morgen in Hetauda, einer kleinen Stadt circa 100 Kilometer südlich von Kathmandu. Nebel liegt über den Häusern, und die alles durchdringende Kälte der Nacht ist noch nicht der Wärme des Tages gewichen. Doch im am Stadtrand gelegenen Prevention Home von Maiti Nepal herrscht bereits rege Aktivität. Fast 30 Mädchen, alle zwischen 12 und 16 Jahre alt, laufen hektisch durch die Räume und packen ihre wenigen Sachen zusammen. Aufregung liegt in der Luft, denn heute werden sie nach drei Monaten bei Maiti Nepal wieder in ihre Dörfer zurückkehren.
Es waren drei erlebnisreiche Monate. Die meisten der jungen Mädchen haben höchstens die Grundschule besuchen können, bevor sie ihren Familien zu Hause und bei der Landarbeit helfen mussten. Bei Maiti Nepal haben sie in täglichen Kursen nicht nur Gelegenheit gehabt, ihre Kenntnisse aus der Schule aufzufrischen, sondern haben auch neue, nützliche Dinge gelernt, die ihnen in Zukunft helfen werden. Vor allem jedoch haben sie viel über die Gefahren von Menschenhandel und Zwangsprostitution erfahren, aber auch ganz allgemein über die Rechte von Frauen, und darüber, wie man sich für seine und die Rechte anderer einsetzen kann.
So geht es nach einem schnellen Frühstück zum Bus, der kurze Zeit später abfährt. So vollbesetzt und bepackt, dass einige Passagiere nur noch auf dem Dach Platz finden. Schnell voran geht es sowieso nicht, denn statt einer Straße existiert nur eine Schotterpiste. Die führt manchmal nur wenige Zentimeter an metertiefen Abgründen vorbei und schließlich kilometerweit durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Schon nach wenigen Minuten ist von der Stadt, die die Mädchen hinter sich lassen, nichts mehr zu sehen. Kleine Dörfer, kaum mehr als eine Ansammlung einiger Häuser und Hütten, liegen an der Strecke, die während der Monsunzeit monatelang nicht passierbar ist. Elektrizität gibt es in den kleinen Orten nicht, nur manchmal spenden in Pilotprojekten aufgestellte Solarkollektoren Strom. Die gelegentlich vorhandenen staatlichen Gesundheitsposten sind bestenfalls alle paar Wochen für einige Stunden besetzt und medizinische Hilfe oft viel zu weit entfernt. Die Ankunft des Busses ist hier stets ein Ereignis, denn mit ihm kommen nicht nur Menschen und Waren, sondern auch Informationen.
Und die Mädchen auf dem Rückweg von Maiti Nepal haben viel zu erzählen. Sie können nun ihren Familien und Freunden berichten, dass es nicht gut ist, mit jemandem mitzugehen, der gute Jobs in Kathmandu oder in Indien verspricht. Oft lauschen alle Bewohner eines Dorfes, wenn sie schildern, welche neuen Perspektiven Bildung eröffnen kann und klar machen, dass das Leben eines Mädchens nicht nur darauf ausgerichtet sein sollte, möglichst »gut«verheiratet zu werden.
Doch noch sind sie nicht am Ziel. Nach endlos erscheinenden sechs Stunden holpriger Fahrt ist auch die Schotterpiste zu Ende. Hier trennen sich die Wege der Gruppe. Während einige Mädchen in nahe gelegenen Häusern zu Hause sind und freudig von ihren Geschwistern begrüßt werden, haben andere noch mehrere Stunden Fußmarsch vor sich. Nach einer kurzen Pause ziehen sie hintereinander auf einem schmalen Pfad weiter. Sie alle kehren gestärkt nach Hause zurück und werden ihre Zeit bei Maiti Nepal nicht vergessen. Mehr noch: Die allermeisten von ihnen sind fest entschlossen, ebenfalls gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution aktiv zu werden. In ihren Taschen tragen sie Informationsmaterial und in ihren Herzen jede Menge Energie, um als Freiwillige für Maiti Nepal in ihren Dörfern andere Jugendliche über das, was sie gelernt haben, zu informieren.
Ein Erfolgskonzept, und so überrascht es nicht, dass Janeit Gurung, als Programmkoordinatorin in Kathmandu bei Maiti Nepal für die Prevention Homes zuständig, die Pläne der Organisation erläutert: »Wir müssen in jedes Dorf«. Ein ambitionierter Plan, doch ein nachhaltig wirksames Mittel, um junge Mädchen zu stärken und sie effektiv vor Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schützen.