„My past, my presence, my future“

Fotoprojekt einer jungen Frau von New Light

In einer eindrucksvollen Fotoserie berichtet Puja Sardar über ihr Leben – früher und heute. Die Bilder und Texte berühren zutiefst und geben Einblick in die Welt von Kindern und jungen Frauen in den Rotlichtvierteln der indischen Metropole.

Mein Name ist Puja Sardar. Ich bin eine 21-jährige Frau, die in Kolkata geboren und aufgewachsen ist. Seit ich mich erinnern kann, hat mein Vater als Müllsammler in und am Krematorium von Kolkata gearbeitet. Die von mir ausgewählten Bilder stammen aus einer Serie von mehr als 200 Fotos, die meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft dokumentieren und zeigen, wie ein Leben durch die Chance auf Bildung verändert werden kann. Meine Geschichte steht stellvertretend für die von Millionen anderer Mädchen, die in ärmeren Ländern auf der ganzen Welt aufwachsen. Ich habe das Glück, dass ich die Möglichkeit hatte, eine Ausbildung als Fotografin zu absolvieren und mit einer Ausrüstung ausgestattet wurde. So kann ich meine Geschichte mit Ihnen teilen.

Dieses Foto zeigt den typischen Haushalt einer Familie in Indien, die von weniger als zwei Dollar am Tag leben muss. Mein Vater heiratete früh und meine Mutter verließ uns wegen eines anderen Mannes, als ich noch sehr klein war. Als Kind fühlte ich mich immer allein und entfremdet. In diesem Bild kann ich mich selbst in zwei Personen dargestellt sehen. Das kleine Mädchen auf dem Bett neben seiner Mutter, die bereits zu Beginn des Tages fernsieht, ohne sich um die Ernährung, Bildung oder Pflege ihres Kindes zu kümmern. Ich kann es ihr nicht verübeln. Sie war zu jung als sie heiratete und hatte nie die Gelegenheit, ein für sie wertvolles, selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich sehe mich auch als das junge Mädchen, das sich ohne die Unterstützung ihrer Mutter für die Schule fertig macht. In gewisser Weise machte mich ihre Gleichgültigkeit hoffnungslos, und ich verlor auch beim Lernen in der Schule den Mut. Dieses Gefühl begleitete mich die ganze Schulzeit und bald verlor ich jegliches Interesse am Lernen. Es schien einfach zu sein, nicht zur Schule zu gehen. Die verpassten Chancen waren mir als Kind noch nicht bewusst.

Das bin ich – ein junges Mädchen, das sich und die Welt fragt, weshalb es auf diesem Planeten ist. Ich schaue direkt auf den Betrachter und frage ihn: Können Sie nicht etwas tun, damit ich glauben kann, dass mein Leben wertvoll ist? Können Sie nicht dafür sorgen, dass ich genug zu essen bekomme und in Sicherheit aufwachsen kann? Ich sehe andere junge Mädchen um mich herum, die ein Leben voller Möglichkeiten in Sicherheit und Würde führen. Warum werden mir Dinge verweigert, die von so vielen anderen als selbstverständlich angesehen werden?

Die frühen Jahre meines Teenagerlebens waren nicht gerade etwas, worauf ich stolz sein kann. Ich machte Fehler, ich litt und mein Leben hätte für immer zerstört sein können, wenn ich nicht einige wenige gütige und fürsorgliche Menschen getroffen hätte. An dem Tag, an dem ich vor meiner Scheinhochzeit gerettet wurde, die nur eine Inszenierung war, um mich in ein Leben voller Dunkelheit und Missbrauch zu verkaufen, begann für mich ein neues Leben. Innerhalb weniger Stunden veränderte sich für mich alles zum Guten. Ich wurde in das Kinderhaus von New Light gebracht, betreut, mit Liebe und Zuneigung umsorgt, ausgebildet und eindringlich und doch gleichermaßen liebevoll und freundlich beraten, um zu verstehen, dass die Entscheidung für ein besseres Leben in meinen Händen liegt. In all den Jahren habe ich nie vergessen, wie mein Leben ohne diese Rettung ausgesehen hätte. Dieses Bild steht für das Leben all jener Mädchen, die trotz unermesslichen Leids, Missbrauchs und Vernachlässigung durchhalten, nach vorne blicken und ihren Weg machen. Ich schätze Bildung ebenso sehr wert, wie den Atem, durch den ich lebe. Bildung ist das Werkzeug und die Chance, das eigene Leben für immer zu verändern.

Meine Zukunft sieht besser aus, als ich es je erwartet hätte. Ich wurde vor einer Kinderehe bewahrt und zu einem Beispiel für andere Mädchen. Auch wenn die Kamera mein kostbarster Besitz ist, sehe ich meine Zukunft ebenfalls als ausgebildete Kosmetikerin, die anderen helfen kann, indem sie Arbeitsplätze für sie schafft. Ich habe das Glück, an einem sehr bekannten Schönheits- und Kosmetikinstitut ausgebildet zu werden. Ich gehe gestärkt in eine sichere Zukunft. Aus meinem bisherigen Leben bin ich als Siegerin hervorgegangen und bereit, Vorbild für andere Mädchen in Ländern wie Indien zu sein, in denen Frauen von klein auf vermittelt wird, dass sie nicht viel wert sind.